
Vertrauenswürdigkeitsprüfung für sicherheitsrelevante Ministerien notwendig
SOS Mitmensch warnt einmal mehr vor einer Regierungsbildung mit rechtsextremen und verfassungsgefährdenden Kräften. Sollte es trotz aller Warnungen zu einer Hochrisiko-Koalition kommen, soll angesichts der zahlreichen rechtsextremen Verflechtungen von FPÖ-Politikern vorab eine amtliche Vertrauenswürdigkeitsprüfung für die Leitung sicherheitsrelevanter Ministerien, wie Innen- und Verteidigungsministerium, durchgeführt werden. Zudem braucht es eine unabhängige Persönlichkeit an der Spitze des Justizministeriums, um eine faire Durchführung der zahlreichen Korruptionsverfahren zu garantieren.
Anhaltspunkte für Sicherheitsrisiko abklären
„Bei jedem Bediensteten des Verfassungsschutzes wird vorab abgeklärt, ob es Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko gibt. Was für die Beschäftigten des Verfassungsschutzes gilt, muss erst recht für jene Ministerinnen und Minister gelten, die dem Verfassungsschutz und anderen sicherheitsrelevanten Behörden vorstehen“, betont SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak.
Richtschnur für Bundespräsident Van der Bellen
Laut Pollak wäre das Ergebnis einer Vertrauenswürdigkeitsprüfung eine wichtige Richtschnur für Bundespräsident Alexander Van der Bellen, ob er eine für ein sicherheitsrelevantes Ministerium vorgeschlagene Person angelobt oder die Person aus Sicherheitsgründen ablehnt. Es dürfe keinesfalls dazu kommen, dass Personen, die aufgrund der Nähe zu extremistischen Szenen oder ausländischen Geheimdiensten ein Risiko darstellen, die Sicherheit der Republik gefährden können, warnt Pollak.
Vertrauenswürdigkeitsprüfung gängige Praxis im DSN
SOS Mitmensch verweist auf die gängige Praxis der „Vertrauenswürdigkeitsprüfung“ im Verfassungsschutz. Vor Tätigkeitsbeginn müsse sich jede und jeder Bedienstete der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) einer solchen Überprüfung unterziehen. Laut Verfassungsschutz gibt diese Abklärung Aufschluss darüber, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass von einer Person ein Risiko ausgehe. Hier nachzulesen: https://www.dsn.gv.at/302/
Schutz der Demokratie
SOS Mitmensch fordert, dass der Schutz der Demokratie oberste Priorität haben muss. Potenzielle Verfassungsgefährder dürften nicht Teil einer Regierung werden und keinesfalls an sicherheitsrelevante Schaltstellen der Republik gelangen, so die Menschenrechtsorganisation.
--> Dossier mit 290 FPÖ-Rechtsextremismus-Verflechtungen zum Herunterladen
Dichte an Rechtsextremismus-Vorfällen explodiert
„Die Dichte an Rechtsextremismus-Vorfällen der FPÖ ist unter Obmann Kickl regelrecht explodiert. Kickl hat seine Partei zu einer Förder- und Vernetzungsanstalt für vom Verfassungsschutz als verfassungsgefährdend eingestufte Personen und Gruppierungen gemacht“, zeigt sich SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak über die wachsende Radikalisierung der FPÖ besorgt. Auffallend seien insbesondere die Förderaktivitäten und zahlreichen Auftritte im rechtsextremen und antisemitischen Kanal „AUF1“, dessen Betreiber früher in der Neonaziszene aktiv war. „Die ÖVP führt aktuell Koalitionsgespräche mit einer FPÖ, die immer mehr mit jenen radikalen rechtsextremen Szenen verschmilzt, die die ÖVP vor nicht allzu langer Zeit noch verbieten wollte“, warnt der SOS Mitmensch-Sprecher.
Grafik SOS Mitmensch: FPÖ-Rechtsextremismus-Verflechtungen 2014-2024
Mehr als 290 Rechtsextremismus-Verflechtungen in elf Jahren
SOS Mitmensch hat für die Jahre von 2014 bis 2024 insgesamt mehr als 290 Verflechtungen der FPÖ mit rechtsextremen, antisemitischen und verfassungsgefährdenden Szenen dokumentiert. Im Jahr 2024 sei mit 88 registrierten rechtsextremen FPÖ-Verflechtungen ein neuer absoluter Höchststand erreicht worden, so SOS Mitmensch.
Von Kickl abwärts fast 100 Personen in der FPÖ involviert
In diese rechtsextremen und teilweise auch antisemitischen Vernetzungen sind annähernd 100 zum Teil hochrangige Personen in der FPÖ involviert. Dazu zählen etwa FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl, die FPÖ-Generalsekretäre Michael Schnedlitz und Christian Hafenecker, der FPÖ-EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky, der oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, die Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek, der niederösterreichische Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer, der burgenländische FPÖ-Spitzenkandidat Norbert Hofer, der Wiener FPÖ-Parteiobmann Dominik Nepp, sowie diverse Nationalrats-, EU- und Landtagsabgeordnete.
Breites Spektrum an rechtsextremen Vernetzungs- und Förderaktivitäten
Die rechtsextremen FPÖ-Verflechtungen und -Aktivitäten umfassen unter anderem die aktive Mitgliedschaft in rechtsextremen Verbindungen, die Teilnahme an Demonstrationen der rechtsextremen „Identitären“, gemeinsame Auftritte, Wahlfeiern und Vernetzungstreffen mit Rechtsextremisten, das finanzielle Fördern rechtsextremer, antisemitischer und verfassungsgefährdender Medienkanäle sowie lukrative Aufträge an Personen aus der rechtsextremen Szene.
Zehn Beispiele für die 88 FPÖ-Rechtsextremismus-Verflechtungen im Jahr 2024:
10. Jänner 2024
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker verteidigt in einer Presseaussendung ein rechtsextremes Geheimtreffen in Potsdam und bezeichnet die dort diskutierten rassistischen Pläne als „patriotische Standpunkte“. (Screenshot, Ausschnitt aus der Presseaussendung)
26. Jänner 2024
Auf Einladung der laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes rechtsextremen „Österreichischen Landsmannschaft“ kommen die deutschen Rechtsextremisten Maximilian Krah und Götz Kubitschek nach Wien. Laut Bericht des „Standard“ nehmen auch Personen aus der FPÖ am Treffen teil.
14. März 2024
In einem Posting auf Facebook ruft FPÖ-Obmann Herbert Kickl dazu auf, den vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestuften antisemitischen Medienkanal „AUF1“ zu besuchen. (Screenshot Facebook, 14. März 2024)
31. Mai 2024
Die FPÖ-Nationalratsabgeordneten Dagmar Belakowitsch und Christian Ries sowie Vertreter der Freiheitlichen Jugend treffen den deutschen Rechtsextremisten Matthias Helferich, der sich selbst süffisant als "das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus" bezeichnet hatte. (Screenshot Facebook, 1. Juni 2024)
13. Juli 2024
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker nimmt die Veröffentlichung eines FPÖ-Rechtsextremismus-Dossiers von SOS Mitmensch zum Anlass, um in einem Video die rechtsextremen „Identitären“ zu verteidigen und jegliche Existenz von rechtsextremen Burschenschaften abzustreiten.
20. Juli 2024
Die Freiheitliche Jugend Wien und Funktionäre der FPÖ nehmen an einer Demonstration der rechtsextremen „Identitären“ in Wien teil. (Screenshot X, 29. August 2024)
29. September 2024
FPÖ-Obmann Herbert Kickl stattet nach Verkündung des Wahlergebnisses zuerst dem vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestuften antisemitischen Medienkanal „AUF1“ einen Besuch ab und gibt dessen Betreiber, dem früher in der Neonaziszene aktiven Rassisten und Antisemiten Stefan Magnet, ein Interview. (Screenshot "AUF1", 30. September 2024)
29. September 2024
Die FPÖ und FPÖ-Obmann Herbert Kickl feiern den Ausgang der Nationalratswahl u.a. mit Rechtsextremisten aus der „Identitären Bewegung“. Fotos davon werden im Internet gepostet. Eine „identitäre“ Person macht bei einem gemeinsamen Foto mit Kickl das Okay-Handzeichen, das von Rechtsextremisten als rassistische „White power“-Geste verwendet wird. (Screenshot "Standard"-Beitrag, 30. September 2024)
26. Oktober 2024
FPÖ-Nationalratspräsident Walter Rosenkranz gibt dem vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestuften antisemitischen Medienkanal „AUF1“ am Nationalfeiertag ein „Exklusivinterview“.
8. Dezember 2024
Beitrag der FPÖ-EU-Abgeordneten Petra Steger am 8. Dezember 2024 auf der Webseite des rechtsextremen und „Identitären“-nahen Magazins „Info direkt“. Direkt daneben eine bezahlte FPÖ-Inseratschaltung. (Screenshot "Info direkt", 8. Dezember 2024)
Verteidigung der Demokratie
SOS Mitmensch fordert, dass nur solche Parteien und Personen mit machtvollen politischen Ämtern der Republik ausgestattet werden dürfen, die keine Verflechtungen mit extremistischen und verfassungsgefährdenden Szenen haben. Auf der Webseite www.brandmauer.at ruft SOS Mitmensch zur Beteiligung an Aktionen zur Verteidigung der Demokratie gegen politische Kräfte mit Extremismusnähe auf.
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