Wajihe Setudeh - Angekommen in Österreich: „Einen Job zu finden ist meine oberste Priorität.“
Wajihe Setudeh floh gemeinsam mit Mann und Sohn aus dem Iran. Seit sie vor zweieinhalb Jahren in Österreich Asyl bekam, ist sie auf Jobsuche. Ihren Traum lässt sie dabei nicht aus den Augen. Text und Foto: Sonja Kittel
Ein Leben in Unfreiheit
Wajihe Setudeh ist eine fröhliche Frau mit leuchtenden Augen und einer quirligen Ausstrahlung. Sie liebt es zu Tanzen, Rad zu fahren, mit ihren Freundinnen unterwegs zu sein. Doch in ihrem Geburtsland Iran war ihr all das verboten, weil sie eine Frau ist. Auch ihre Religion durfte sie als Christin nicht frei ausüben. „In unserem Land haben die Frauen keinen eigenen Willen. Ich wollte kein Kopftuch tragen, aber unsere Politik sagte ich muss“, erzählt die 38-jährige. Da sie nicht mehr in dieser Unfreiheit leben wollten, beschlossen Setudeh und ihr Mann mit ihrem Sohn zu flüchten.
„Wie taub und stumm“
Vor dreieinhalb Jahren kamen sie nach Österreich und beantragten Asyl. Sie wurden in Kirchberg an der Pielach untergebracht, einem Dorf in den niederösterreichischen Voralpen. „Am Anfang waren wir wie taub und stumm,“ sagt die Iranerin über die erste Zeit in Österreich. Denn sie verstanden kein Wort Deutsch. Zwei Jahre blieben sie in Kirchberg, lernten die Sprache, kamen mit den Menschen vor Ort in Kontakt, Freundschaften entstanden. Als die Familie nach einem Jahr den positiven Asylbescheid bekam, war es oberste Priorität einen Job zu finden. Nicht arbeiten zu dürfen war für alle schwierig.
Vom Dorf in die Stadt
Im Iran hatte die studierte Modedesignerin teilweise drei Jobs gleichzeitig. Sie unterrichtete Kunsthandwerk, betrieb mit ihrem Mann ein Fotogeschäft und plante Hochzeiten. In Österreich fehlten Setudeh dann die Aufgaben, um diese Energie zu nutzen. Nachdem beide keinen Job fanden, Setudehs Mann ist gelernter Elektrotechniker und trat im Iran auch als Musiker auf, beschlossen sie nach St. Pölten zu ziehen. „Ich habe gedacht, wenn ich in die Stadt komme, kann ich besser einen Job finden, aber es geht nicht“, sagt die junge Frau zermürbt. 150 Bewerbungen hat sie schon geschrieben und nur Absagen bekommen. Auch das Anschluss finden sei in der Stadt viel schwieriger als im Dorf.
Ausbildung zur Pflegeassistenz
Momentan macht Wajihe Setudeh auf Anraten des AMS einen Vorbereitungskurs zur Pflegeassistentin. Den ersten Aufnahmetest für die tatsächliche Ausbildung hat sie nicht geschafft. Das Problem war vor allem die Zeit, weil die junge Iranerin erst alle Fragen und Antworten hin und her übersetzen musste, um sie zu beantworten. „Eine österreichische Freundin hat mir gesagt, dass es schon für sie sehr schwierig war, ohne Sprachprobleme“, sagt Setudeh. Dennoch hält sie an dem Plan fest, in diesem Bereich einen Job zu finden. Der nächste Aufnahmetest steht schon an. Denn, so sagt die Mutter eines sechsjährigen Sohnes, sie wolle arbeiten und nicht vom Sozialamt abhängig sein.
Ein großer Traum
Setudehs Sohn geht ab September in die Volksschule. Sie hofft bis dahin einen Job gefunden zu haben, um sich eine gute Ausstattung für seinen ersten Schultag leisten zu können. Ihre Leidenschaft gilt weiterhin der Kunst und der Mode. Letztes Jahr machte sie im Haus der Begegnung in St. Pölten eine Ausstellung mit ihren Werken. Obwohl das wenig beworben wurde, verkaufte sie drei Bilder. Gemeinsam mit anderen Iranerinnen hat sie auch einen Verein gegründet, der Feste organisiert, um iranische Traditionen weiterleben zu lassen. Der größte Traum der studierten Designerin wäre ein eigenes Modelabel. Doch auch wenn ihr das derzeit unerreichbar erscheint, ganz loslassen möchte Wajihe Setudeh ihren Traum nicht.
SOS Mitmensch gibt in der Porträt-Reihe „Angekommen in Österreich“ Menschen, die flüchten mussten, eine Stimme und ein Gesicht. Die Geschichten zeigen auch, welche Hürden Geflüchtete auf ihrem Lebensweg meistern müssen und welche Unterstützung sie dabei erfahren und brauchen. Infos und Kontakte zur freiwilligen Flüchtlingshilfe finden Sie hier.